Und ewig putzt die Frau

Jüngst habe ich mich doch darüber aufgeregt, dass viele Männer Memmen sind. Natürlich bin ich nicht die einzige. Unter dem Deckmantel eines "Väter-Specials" hat die annabelle ein paar "Men-Bashing"-Artikel publiziert. Unbedingt lesen! Übrigens: heute ist Vatertag!



Erwerbs- und Familienarbeit teilen: Das Modell, das sich so attraktiv anhört, birgt viele Tücken. Unbequeme Wahrheiten über ein viel versprechendes Modell.

Von Franziska Schutzbach
Foto: Caspar Martig

Das Ideal moderner Eltern, sich die Betreuung der Kinder gleichberechtigt zu teilen, ist seit ungefähr zehn Jahren im Gespräch, und skandinavische Länder wie Schweden haben den bezahlten Vaterschaftsurlaub bereits in den Siebzigerjahren eingeführt. Dass Mütter und Väter sich die Elternzeit teilen, wird von verschiedenen Seiten als hoffnungsvolles Modell angesehen. Die Gesamtidee scheint logisch: Wenn wir eine ausgeglichenere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern erreichen wollen, reicht es nicht aus, Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, zusätzlich müssen Männer Familienarbeit übernehmen.

Aber wie weit sind wir mit der Umsetzung dieses Ideals?

In der Schweiz gibt ein Viertel der Väter an, dass sie sich aktiv um den Nachwuchs kümmern oder kümmern möchten. In Deutschland sind es sogar siebzig Prozent. In kreativen, künstlerischen oder akademischen Berufsmilieus sind viele Väter einen oder zwei Tage die Woche zu Hause, andere versuchen, möglichst oft in den Randzeiten, am Wochenende oder in den Ferien präsent zu sein. Auch US-Väter gaben in Studien an, dass sie sich aus beruflichen und finanziellen Gründen zwar nicht in der Lage sehen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, sich aber trotzdem aktiv mit ihren Kindern beschäftigen und in der Familie präsent sind: 97 Prozent der US-Väter von Kindern bis zu drei Jahren behaupten, täglich im Durchschnitt drei bis vier Stunden für Familienarbeit aufzubringen. Die meisten dieser Väter sagen, dass sie die Zeit mit ihren Kindern als Bereicherung empfinden und die enge Beziehung ihrem Leben Sinn gibt.

So weit, so rührend. Die Ernüchterung folgt mit dem Blick auf die Realität: Die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung führt keineswegs zu einer ausgeglicheneren Verteilung von Berufs- und Familienarbeit. Gleich mehrere Studien belegen, dass selbst in den skandinavischen Vorbildländern der institutionalisierte Vaterschaftsurlaub nicht die erhoffte Wirkung zeigt: In Schweden nimmt ein Grossteil der Väter gerade mal 2 von 15 Monaten Elternzeit in Anspruch. Was nichts anderes heisst, als dass selbst in Schweden, einem Land mit optimalen Bedingungen für eine ausgeglichenere Arbeitsverteilung, die allermeisten Eltern eine traditionelle Rollenverteilung leben.

Die schwedischen Forscherinnen Lisbeth Bekkengen und Karin Sardavar haben ausserdem beobachtet, dass Frauen im Mutterschaftsurlaub normalerweise und wie gehabt auch für den Hauptteil des Haushalts verantwortlich sind. Das gilt für Männer im Vaterschaftsurlaub meist nicht. Vielmehr etabliert sich eine umgekehrte Dynamik: Gerade weil Männer sich schon um das Kind kümmern, können sie die Hausarbeit ihren Frauen überlassen. Lisbeth Bekkengen fand zudem heraus, dass es in Beziehungen oft eine Art Paradoxie der Anerkennung gibt. Dank ihr erhalten Männer in der Regel für ihren Beitrag besonderen Beifall. Wenn dieselbe Arbeit von Frauen verrichtet wird, gilt sie jedoch als selbstverständlich.

Wir kennen das alle, wenn wir ehrlich sind: die begeisterten Blicke, wenn der Vater seiner Tochter Zöpfe flechtet, das überschwängliche Theater der Schwiegermutter, wenn ihr Sohn früh nach Hause kommt und für die Kinder kocht. Bei einem Mann heisst es «Du Armer, arbeitest so viel und musst noch kochen!». Eine berufstätige Mutter bekommt diesen Satz wohl ihr ganzes Leben nicht zu hören. Ganz zu schweigen von der Situation, wenn der Vater bei Familientreffen den ganzen Abend bei den Kindern im Spielzimmer hockt - «Er ist ja so wunderbar im Umgang mit Kindern». Täten wir es ihm gleich, wären wir entweder Übermütter oder schlechte Gastgeberinnen. Das Mindeste, was von uns erwartet wird, ist die aufwändige Weihnachtsgans, der perfekt geschmückte Tannenbaum und dass wir uns stundenlang die Probleme der allein stehenden Tante anhören. Das Dumme: Mit Ironie ist dem kaum beizukommen, selbst wenn wir es wollten. Das Etikett der Nörglerin ist uns so sicher wie den aktiven Vätern das des Superhelden. Damit die Nörgelei nicht zu sehr auffällt, betonen Frauen lieber mit Nachdruck, wie bemerkenswert es sei, dass heutige Väter für ihre Kinder sorgen oder sorgen wollen. In der neueren Familiensoziologie gilt dieses Verhalten als mit «Ökonomie der Dankbarkeit» bezeichnete Gesetzmässigkeit. Übersetzt heisst das: Frauen, deren Partner sich engagiert an der Kinderbetreuung beteiligen, sind dafür in der Regel dankbar. Und trauen sich deshalb oft nicht, von ihren Partnern in Sachen Haushalt ebenfalls mehr einzufordern.

Lisbeth Bekkengen hat ein weiteres Indiz dafür ausgemacht, dass Elternurlaub allein die Rollenverteilung nicht revolutioniert. Selbst wenn Frauen und Männer sich wie in Schweden den bezahlten Elternurlaub teilen können, ist es für Männer eine freiwillige Option. Wenn Väter aus verschiedenen Gründen die Elternzeit nicht in Anspruch nehmen wollen, wird vorausgesetzt, dass die Mütter diese Lücke füllen und die gesamte «Urlaubszeit» übernehmen. Umgekehrt ist das keineswegs so.

Alles in allem kann man also sagen: Eine gleichberechtigt geteilte Kinderbetreuung verstärkt oft alte Ungleichheiten unter dem Deckmantel des guten Willens. Interessant ist, dass die Zementierung von Ungleichheiten in der Hausarbeit bei weitem nicht nur in Familien stattfindet, in denen die Frau sowieso mehrheitlich zu Hause ist: Gerade dann, wenn beide gleichermassen berufstätig sind oder die Frau sogar mehr arbeitet, ist das Ungleichgewicht besonders ausgeprägt. Berufstätige Mütter versuchen abends immer rechtzeitig zu Hause zu sein, um noch Zeit mit der Familie zu haben. Das bedeutet aber auch kochen, aufräumen, Kinder ins Bett bringen, Grosseltern zurückrufen, Altpapier bündeln. Umgekehrt kommen berufstätige Väter erst dann nach Hause, wenn das Gröbste erledigt ist. Die engagierten Väter begründen das späte Nach-Hause-Kommen meistens mit ihrer ansonsten aktiven Rolle («Montag und Mittwoch bin ich ja zu Hause»). Mütter, die ebenfalls zwei Tage die Woche zu Hause sind, bezeichnen sich selbst weder als aktiv, noch legitimieren sie damit Freiräume (wie spätes Nach-Hause-Kommen).

Unabhängig davon, ob das Ideal des aktiven Vaters alte Ungleichheiten verstärkt - man muss gerechterweise sagen, dass die Umsetzung des Ideals bereits viel früher gefährdet ist. Es gibt für Männer kaum Teilzeitjobs. Eine Studie des IAIZ (Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung in Berlin) zeigt, dass auch Männer ein Vereinbarkeitsproblem haben. Die befragten Väter nannten alle als zentrales Hindernis für mehr familiäres Engagement die vorherrschende «Anwesenheitskultur». Selbst wenn sich ein Betrieb vordergründig als familienfreundlich bezeichnet, unterschwellig werden Leistung und Loyalität stark mit physischer Präsenz am Arbeitsplatz gleichgesetzt.

Familienarbeit hat in dieser Kultur keinen Stellenwert. In den USA befragte Führungskräfte bewerten Kinderbetreuung mehrheitlich nach wie vor als Frauenarbeit - im Stil von «Frauen bringen Babys zur Welt, also sind Babys Frauensache». In diesem Sinn zeigen alle vorliegenden Studien, dass Väter vor allem aus beruflichen Gründen Elternzeit nicht in Anspruch nehmen, selbst wenn sie dies könnten, also selbst in Schweden. Auch dort geben 46 Prozent der befragten Männer als Grund für die geringe oder Nicht-Inanspruchnahme der Elternzeit die berufliche Karriere an. Fragt man die Mütter, so halten sie eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit des Vaters zu Gunsten von Elternzeit ebenfalls häufig für unmöglich. Die Karriere der Männer als fest stehende Konstante wird weder von Männern noch Frauen wirklich in Frage gestellt. Dass die berufliche Laufbahn von Frauen Unterbrüche aufweist, gilt hingegen als selbstverständlich.

Frauen wie Männer tragen also letztlich zur Aufrechterhaltung der Geschlechterungleichheit in der Familienarbeit bei, ihre Argumente speisen sich aus strukturellen Bedingungen, aber auch aus den Vorstellungen darüber, was die Rolle des Manns oder der Frau in der Familie ist.

Versucht man, die Begründungen der Familien für ihre Arbeitsteilung in einem Satz zusammenzufassen, so würde der am ehesten lauten: «Es geht nicht anders.» Es geht nicht anders, weil beispielsweise Frauen durchschnittlich weniger verdienen (was sich bisher nicht geändert hat) oder weniger qualifiziert sind als Männer (was sich gerade ändert) oder weil sich eine Teilzeitstelle steuertechnisch nicht lohnt. Wenn schon, müssten die Frauen Vollzeit arbeiten, was wiederum nicht mit dem gängigen Mutterideal vereinbar ist. Genauso, wie die Rolle des Ernährers einen Mann zum Mann macht, macht die Rolle der fürsorglichen Mutter eine Frau zur Frau: Hausarbeit wird zur sinnstiftenden Tätigkeit stilisiert. Die Frau übernimmt sie aus Liebe, für die Kinder, für die Familie.

Der Versuch, eine nicht-traditionelle Aufteilung der familiären Arbeiten zu verwirklichen, erweist sich als schwierig, genau genommen ist die angeblich bevorstehende Neuordnung der Geschlechterbeziehungen ein Märchen. Zumindest ab dem Moment, in dem Paare das erste Kind bekommen. Nach wie vor werden die traditionellen Wertvorstellungen bezüglich der familiären Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern von einer Mehrheit vorbehaltlos akzeptiert. Nur eine Minderheit versucht, eine partnerschaftlichere Arbeitsteilung zu verwirklichen.

Und: Männer entdecken für sich bereits die Opferrolle, obwohl die Umwälzung nicht stattfindet, gesamtgellschaftlich gesehen. Der Medienwissenschafter Norbert Bolz, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, öffentlich aufzuzeigen, «wo Männer überall zu kurz kommen», warnte jüngst, Feministinnen, Politiker und Bevölkerungswissenschafter würden an einer Umerziehung der Männer arbeiten. Sie bürdeten ihnen Verantwortung für Haushalt und Familie auf und machten sie damit für Frauen unattraktiv. Was soll man dazu sagen?

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