Verdammtes Einschlafritual!

Ein Kinderbuch für Erwachsene wurde über Nacht zum Bestseller.

«Verdammte Scheisse, schlaf endlich ein!» Nein, nicht mal ich rede so mit meinen Kindern. Gedacht habe ich es aber schon mehr als einmal. Wenn der Grosse zum x-ten Mal aus dem Zimmer kommt, weil der Kasper fertig ist. Oder die kleine abermals ruft, sie müsse jetzt noch mal auf’s Klo. Oh ja, wie oft ich schon dachte «Verdammte Scheisse, schlaf endlich ein!»
Und ich bin bestimmt nicht die Einzige, richtig? All die Abende, an denen Sie müde nach Hause kommen, zu Abend essen und ihre Kinder mehrfach ermahnen, die Erwachsenen beim reden nicht zu unterbrechen. Die Abende, an denen sie dieselben Kindern fünf Mal auffordern müssen, endlich die Zähne zu putzen und das Pyjama anzuziehen. Die Geschichten, die sie bereits 39587 Mal vorgelesen haben und trotzdem jeden Abend «Nomal!» hören müssen. Ja, auch Sie haben an solchen Abenden bestimmt schon gedacht, sie sollen jetzt – verdammte Scheisse noch mal! – endlich schlafen gehen.

Denn heute gehen Kinder nicht mehr ins Bett, sie werden gebracht. Bis in ein Alter, in dem sie schon längst selber lesen können, wird ihnen vorgelesen, sie werden zugedeckt und beschmust. Und wie Kinder eben sind: Gibt man ihnen den kleinen Finger, nehmen sie den ganzen Arm. Will heissen: Hat man sie einmal auf diese Art ins Bett gebracht, weil man gerade Sehnsucht nach ihnen hatte, ein schlechtes Gewissen, weil man zuviel arbeitet oder man hat sie beim Abendessen angeschnauzt und will es wieder gut machen, so wollen sie ab sofort IMMER mit Geschichte, schmusen und noch mal Geschichte in den Schlaf verabschiedet werden. Und das kann mitunter nerven.

So erging es auch Adam Mansbach, liebender und Gute-Nacht-Geschichten-vorlesender Vater mit Facebook-Account, als er eines Abends, nachdem die Tochter nach langem Hin und Her endlich eingeschlafen war, er auf seine Pinnwand schrieb, er werde bald das Buch «Go the fuck to sleep» schreiben. Zwar nicht ernst gemeint, erhielt er derart viele Reaktionen darauf, dass er sich alsbald tatsächlich ans Werk machte. So entstand das nicht ganz kindergerechte, illustrierte Buch «Go the fuck to sleep», ein innerer Monolog eines Vaters, der seinen angesammelten Frust dampfend ablässt. Ganz im Sinne der modernen «Seien wir ehrlich und sagen wie es ist»-Literatur, die Mütter und Väter derzeit auf den Buchmarkt bringen.

Die in Versen geschriebene Geschichte vermittelt immer wieder eine träumerische, kindergerechte Sprache, die spätestens im letzten Satz einer unterdrückten Aggressivität Platz macht, dass man sich das Lachen kaum verkneifen kann. Ein Genuss für jede Mutter, jeden Vater, die sich in Selbstironie üben wollen. Aber nichts für Kinder.

Nun warte ich auf die Fortsetzungen «Iss verdammt noch mal dein Gemüse!»und «Vergiss es, Mami gibt dir nichts von ihrem Kuchen!» Sehnlichst.
 Das Buch erscheint im Dumont Verlag. «Verdammte Scheisse, schlaf ein!»

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