Soccermom im Offside

Mütter am Spielfeldrand... Und es regnet Fouls!

Mehrmals wöchentlich treffen sich abends seltsame Frauen am Rande des Fussballfeldes. Sie haben ein breites, strahlend weisses Lächeln, tragen luftige Sommerkleider, sind braun gebrannt (wahrscheinlich vom ewigen am-Fussbalfeldrand-stehen) und feuern an. Oder machen verbal nieder, je nach dem, wen sie zur Zielscheibe erkoren haben. «Guet gmacht, Kevin! Wiiter so!» oder aber auch «Steht nicht so nah beieinander, Herrgott! Macht schon!»

Weniger laut, aber nicht weniger fies raunen sie einander zu, dass es doch immer die gleichen sind, die nur «Mist» machen und der eine, der sei doch immer so frech. (Die Mütter der Mistbauer und frechen Kids sind am Spielfeldrand interessanterweise nicht anzutreffen.)

Soccermoms. Ich hatte schon viel über sie gelesen und gehört. Das sind die Mütter, die ihre Kinder dauernd durch die Gegend kutschieren, zu allen möglichen Trainings und Turnieren, die Sportwäsche waschen, Kuchen backen und sich mit anderen Soccermoms anfreunden. Mein ultimativer Alptraum.

Doch jetzt bin ich auch eine von ihnen. Auch ich stand letzte Woche am Feldrand und beobachtete (erstmal schweigend) meinen Sohn, wie er mehr oder minder schnell vom eigenen Tor zum gegnerischen rannte, immer dem Ball nach. Etwas abseits der anderen Fussballmütter stand ich da und lauschte mit der Zeit mehr deren Gesprächen, als dass ich meinem Sohn zuschaute. Und war ehrlich schockiert.

Die paar Meter auf der Spielfeldseite, die mit Frauen meines Alters besetzt waren, trieften nur so vor subjektiver, völlig undifferenzierter Gefühle dem eigenen Spross gegenüber. «Ja, also seit Max im Fussballcamp war, hat er WAHNSINNIGE Fortschritte gemacht.» «Genau! Der Trainer hat meinem Noël auch gesagt, wie gut er geworden ist, vor allem im Sturm.» So und ähnliche Äusserungen machten die Runde, wobei ich das Gefühl nicht loswurde, dass die eine der anderen gar nicht richtig zuhörte. Wie so oft bei Müttern, wollen sie einfach ihren Senf über das eigene (Wunder-)Kind loswerden, schliesslich hat man doch so hart dafür gearbeitet und so viel Energie in den Nachwuchs investiert. Als eine weitere Mutter dazukam und allen Ernstes fragte: «Und, wie sind die Neuen, sind die gut?» wurde es mir doch etwas mulmig. Nicht nur weil wir «die Neuen» waren. Aber auch. Dieselbe Mutter warf mir auch einen vielsagenden Blick zu, als ich fragte, ob es denn viele Turniere gäbe. «Einmal im Monat muss man schon damit rechnen.» Meine gerümpfte Nase entlockte ihr den erwähnten Blick und ein missbilligendes «Tja, vo nüt chunnt nüt!»

Im Ernst: Will ich wirklich eine Soccermom sein? Werde ich in einem halben Jahr, nach dem sechsten Turnier, dem x-ten Foul und nach ein paar Toren seitens meines Sprösslings ebenfalls klingen, als hätte ich gerade eine Meisterschaft gewonnen und die «Neuen» ständen uns nur im Weg? Oder würde ich es in Zukunft doch lieber dem «Dad» überlassen, seinen Sohn ins Training zu fahren?

Denn es gibt auch Soccerdads. Aber wie bei den meisten anderen Themen auch, halten sich die Väter in der Runde verbal etwas zurück und sprechen wenn schon die Kinder direkt auf Fehler an. Meine (unrepräsentativen) Beobachtungen haben gezeigt, dass Väter weniger verlgeichen (das gilt übrigens genauso auf dem Spielplatz oder in der Schule), sondern ihr Kind einzeln motivieren, besser zu werden. In meinen Augen bei Siebenjährigen immer noch etwas übertrieben aber weniger unsympathisch als dieses Gruppengekeife der Ballmütter. Und so sexistisch das klingen mag, nehme ich den Vätern auch eher ab, dass sie etwas davon verstehen. Oder können Sie mir die Offside-Regel erklären?

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