Das aktive Kind



Müssen Kinder Hobbies haben? Und wenn ja, wieviele?

Der Klassiker. Mein Sohn wollte Fussball spielen, nicht erst seit der EM, aber seit es den Film «Die wilden Kerle» gab. Sprich: Schon immer! Also meldeten wir ihn im Nachbardorf beim Fussballclub an. Die grosse Aufregung! Das Outfit musste her (ich weiss, es heisst im Fussball nicht Outfit, aber was ist es anderes als die passende Kleidung? Eben!), die Schuhe, es wurde rund um das Training rumorganisiert. Wer bringt in wann, wer holt ihn ab, wann hat er Zeit, um etwas zu essen, was machen wir mit der kleinen Schwester währenddessen etc.?

Denn bereits Erstklässler bzw. Junioren F haben zweimal die Woche Training. Ganz ehrlich? Wenn ich das beim Anmelden gesehen hätte, hätten wir es sein lassen. Denn neben Schule, Flöte, Hausaufgaben und Freunde treffen, waren zwei Trainigseinheiten pro Woche viel. Zu viel, wie sich herausstellte. Nach dreiviertel Jahr mussten wir den kleinen Grossen wieder abmelden. Nicht nur, weil Mami keine Lust mehr hatte, den gestressten Sohnemann vier Mal die Woche hin- und herzufahren und sich andere «Soccer-Moms» anzutun. Auch - und vor allem – weil bei ihm ziemlich bald total die Luft raus war.
Sein Montag sah nämlich beispielsweise wie folgt aus: Schule bis Mittag, nach Hause kommen, essen, nachmittags wieder in die Schule. Kaum wieder zu hause, z'Vieri, eine halbe bis eine Stunde Hausaufgaben (je nach Tagtraumpegel), danach gleich ins Fussball-Trikot stürzen und weiter ins Training. Abends erst um 19 Uhr wieder zu hause, duschen, essen und ab ins Bett. Die zweite Trainingseinheit fand jeweils am Mittwoch statt, nach einem freien Nachmittag, den wir nie wieder auswärts verbringen konnten, schliesslich musste er bereits wieder um 17 Uhr auf dem Platz stehen.

Kinder sollten fertigbringen, was sie angefangen haben, so das Erziehungsmantra. Die Angst, unsere Kleinen zu faulen Erdenbürgern heranzuziehen, die sich nicht «durchbeissen», ist bei uns Eltern gross. Schliesslich liest man überall, Kinder bräuchten Freizeitbeschäftigungen, damit sie nicht vor dem Computer vereinsamten, dick und aggressiv würden. Weshalb auch wir uns die Frage stellen: Was nun? Soll er einen anderen Sport in Angriff nehmen, damit er «etwas tut»? Einen Sport, der uns ein Mehrfaches der Mitgliedschaft im Fussballclub kosten wird (denn Fussball ist immer noch eines der günstigsten Kinderhobbies)? Doch tut er sonst wirklich nichts?

Die Schule bietet dreimal die Woche Sportunterricht, einmal alle paar Wochen gehen sie schwimmen, in den Pausen und in der Freizeit wird Fussball gespielt und den Rest der Zeit verbringt unser Sohn auf dem Velo oder mit dem Trotti. Einmal die Woche wird die Natur der Umgebung erkundet. Ist das nichts? Kaum ein Erwachsener wird sich so viel bewegen, richtig?

Nun haben wir das Glück (zumindest in diesem Bereich), auf dem Land zu wohnen. Unsere Kinder müssen ein Treffen nicht telefonisch vereinbaren, damit wir Mütter immer genau wissen, wo sie sich befinden. Bei uns gehen die Kids – wie wir damals – einfach bei einem Freund vorbei und wenn dieser da ist, wird gespielt, gefahren, geplaudert. Wenn nicht, «Nächster!».

Trotzdem fühlen wir uns unter Druck gesetzt, spätestens wenn wir Leute treffen, die uns fragen: «Und, macht der Kleine etwas?». Ganz viel, aber reicht das?

Was denken Sie, wie viel Freizeitaktivitäten sollte ein Kind haben? Und müssen diese immer organisiert sein?

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