«Mami kann eben nichts»

 




Ich kann weder kochen noch basteln noch backen. Sind meine Kinder trotzdem stolz auf mich? Gedanken dazu.


Räbeliechtli-Schnitzete. Ein Event, an dem alle Mamis (und ein paar verirrte Papis) sich im Schulzimmer wiederfinden, um ihren Kindern zu helfen, die viel zu harten, stinkenden, Gemüsebälle in Form zu bringen. Seit mein Mann letztes Jahr das Schnitzen übernommen und – als Designer und Zeichner – wunderschöne Räben für unseren Sohn geschnitzt hat, ist er dran. Er muss jetzt jedes Jahr. Denn «meine» Räben wurden eins, zwei, zack, zack jeweils mit ein paar Guetzli-Formen geschmückt und damit hatte es sich. Ich kann das nämlich nicht. Genauso wenig, wie ich nähen, basteln, werken und all die Sachen kann, für die ich meine Kinder eben in den Kindergarten schicke. Er schon.

Also war der Monsieur auch dieses Jahr dabei, und wir teilten uns die Aufgaben auf: Ich höhle aus, er kümmert sich um die Kunst. Eine klare, den Talenten entsprechende, Aufteilung. Womit ich nicht gerechnet hatte, waren die vielen Bemerkungen, die ich mir deswegen anhören musste. Ich, nicht mein Mann. Natürlich nicht. Für die Mamis ist das ja immer so «herzig!», wenn die Papis mal Hand anlegen und sich den Vormittag frei nehmen, um mit den Kinderlein Räben zu schnitzen. (Dass dann trotzdem keine mit den Papis ein Wort wechselt, ist ein Phänomen, das ich an einer anderen Stelle mal besprechen werden.) Ich hingegen bin einfach eine faule Sau, weil ich die Räben meiner beiden Kinder nicht – wie so viele andere – alleine schnitzen will.

So musste ich mir anhören, dass es eigentlich mein Job wäre, die Räbe zu verzieren. (Offenbar ist Schönes nur Frauen gegeben). Da ich kein Problem habe zuzugeben, dass mein Mann in solchen Sachen einfach stärker ist, glaubte sich ein Vater dazu genötigt, mich zu verteidigen, in dem er zu meinen Sohn meinte: «Dafür kann Mami aber sicher besser kochen.» Worauf mein treuer und loyaler Sohn den Kopf schüttelte. «Nein, das kann Papa auch besser. Mama kann solche Sachen nicht.» Was stimmt. Trotzdem: Autsch!

Seither überlege ich mir, was ich in den Augen meiner Kinder eigentlich kann. Worauf sie eines Tages stolz sein werden, wenn sie an mich denken. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich wollte nie die Mutter sein, bei denen die Kinder ins Schwärmen geraten, weil ich die besten Cakes backe oder die schönsten Weihnachtssterne bastle. So viel war mir immer klar: Darauf werden meine Kinder nie stolz sein.

Doch worauf dann? Was werden sie ihren Freunden erzählen von mir? Und schon kommen die Zweifel und das schlechte Gewissen. Ich bin die Mutter, die viel arbeitet, die nicht viel mit ihren Kindern unternimmt und vor allem haushaltet, wenn wir mal zu Hause sind. Ich bin auch die Mutter, die nicht immer besonders nett zu den Kindern ist, immer ehrlich und manchmal eben etwas schroff. Ich habe noch nie Babysprache mit meinen Kindern gesprochen, einfach weil ich es für respektlos halte, sie wie Minderbemittelte zu behandeln. Doch wissen meine Kinder zu schätzen, wie sehr ich sie als Individuen respektiere? Werden sie das mal verstehen?

Meine Eltern waren übrigens genauso. Sie waren immer sich selber und das war nicht immer angenehm. Aber immer authentisch, wenn ich dieses in der Ratgeberliteratur inflationär gebrauchte Wort einmal mehr bemühen darf. Als ich gestern einen guten Freund fragte, worauf er bei seiner Mutter – zu der er auch heute noch ein hervorragendes Verhältnis hat – stolz ist, meinte er: «Darauf, dass sie immer ehrlich zu mir war, auch wenn es weh tat. Ich kann sie heute noch alles Mögliche fragen und weiss, dass ich eine ehrliche Meinung hören werde. Deshalb frage ich sie ja auch heute noch.»

Genau das möchte ich auch. Ich möchte, dass meine Kinder nicht stolz auf mich als Mutter sind, sondern stolz auf unsere Beziehung, die wir gemeinsam aufgebaut haben. Darauf werde ich jetzt hin arbeiten. Ganz ohne Guetzli backen und mit Räben, denen nicht ich, sondern mein Mann Schönes reingeschnitzt hat. Was soll’s?

Worauf sollen eure Kinder stolz sein, wenn sie später einmal von euch sprechen?

Kommentare

Zweifachmama hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Zweifachmama hat gesagt…
Ich glaube ich kann dir die Hand reichen.... Ich kann auch nix. :)
Basteln - Fehlanzeige. (dafür gibts doch die Kita, oder? Bzw. meine Nachbarin kann das auch ganz toll und freut sich, wenn meine Kinder vorbeikommen!)

Kochen - nun ja... es verhungert keiner... manchmal bekomme ich auch tatsächlich was tolles hin. Es schmeckt... aber ich hätte kein Problem damit, wenn ich in ein Display eingeben würde "Rollbraten mit Beilagen" ... mache 2h später einen Zauberschrank auf und tatatataaaaaa fertig :D
Sagen wir so: Kochen dient der Nahrungsaufnahme.... die Leidenschaft fürs Kochen hat von meinem VATER mein BRUDER geerbt. Glücklicherweise kann das mein Mann weder schlechter noch besser :D

Backen - Ich habe zwei Rezepte die ich gut kann. Ansonsten fehlt mir auch hier die Leidenschaft. Mein Mann kann es besser, macht es gern und isst zudem auch gern Kuchen - ich nicht. Mein großer Sohn isst nur bestimmten Kuchen (Kastenform - Marmor- oder Herrenkuchen), der kleine Sohn isst nix mit Schokolade. Super oder?

Brotbacken kann ich - zählt das?

Ansonsten.. ja was kann ich gut, bzw. in den Augen meiner Kinder gut? Nähen. Der Große ist stolz auf mich, weil er Sachen bekommt, die kein anderer hat. Weil ich nach seinen Stoffwünschen Mützen und andere Dinge "zaubere". Weil ich zu den Geburtstagen seiner Freunde noch einen Beutel oder eine Tasche nähe, die dann wohl immer der Hit ist.

Ich glaube er schätzt an mir, dass ich ICH bin. Wie du schreibst "authentisch". Ich gehe gern auf die Wünsche meiner Kinder ein. Ich habe auch durchaus auch mal Nachmittage, da habe ich keine Lust gerade ein Spiel zu spielen. Und dann sage ich das. Wie es ist.
Ich bin auch mal genervt. Aber ich finde das darf man als Mutter auch sein. Und auch Kinder sollen das manchmal eben auch merken.

Ich finde nichts Schlimmeres, als diese heititeiti-Sonnenschein-Mamas, deren einziger und wahrhaftiger Lebensmittelpunkt ist, die Kinder zu jeder Zeit zufrieden zu stellen, glücklich zu machen, sein eigenes ICH völlig aufgeben etc. Denn das sind nachher diejenigen, die in ein großes Loch fallen, wenn die Kinder "plötzlich" erwachsen sind (im Bekanntenkreis meiner Eltern erlebt!).

Ich liebe meine Kinder über alles. Ich denke, dass ich das meiste, was ich tue, auch gut mache.

Und wenn der Mann eine Sache besser kann: warum soll man es dann selber machen? Bzw. warum sollte man generell Dinge, die man ungern tut und nicht gut kann, selber machen, wenn man eine wunderbare Delegationsmöglichkeit hat?
Warum sollte ich mich z.B. hinstellen und versuchen mit meinem Sohn ein Vogelhaus zu bauen, wenn mein Papa das viel besser kann? Oder warum sollte ich einen Herbstkranz binden, wenn meine Nachbarin mir dankbar ist, wenn ich ihr meine Kinder dafür überlasse?

Alternativ würde ich nicht meinen Mann dazu nötigen, Mützen für die Jungs zu nähen, denn das kann ich gut.

Und wer sagt, dass Mamas Räbenliechtli schnitzen müssen, wenns die Papas können.

Also ich bin bei dir und deinem Post.... :) Viele Grüße.... und vielleicht magst du das Werk deines Mannes mal zeigen?!

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